Pechsalbe: Das Glück im Unglück
Baumharz - das Pflaster der Nadelbäume, auch Pech genannt - gilt seit jeher auch für uns Menschen als wirksames Naturheilmittel und sollte in keiner Hausapotheke fehlen.

„Oft hast a Pech“ ist eine der wertvollen Weisheiten, die mein Mann unseren Kindern gerne mit auf ihren Weg gibt. Tatsächlich hatte unser Jüngster vor ein paar Wochen eine regelrechte Pechsträhne: Auf eine riesige Beule folgten ein blaues Auge und ein aufgeschlagenes Knie. Von den vielen, kleinen Abschürfungen gar nicht erst zu reden. Highlight aber war ein eingezogener Speil in der Fußsohle, dem wir Eltern uns höchstens auf eine Distanz von einem halben Meter nähern durften. An die klassische Methode mit Nadel oder Pinzette, wie meine Oma die Splitter immer aus unserer Haut raus puhlte, war nicht zu denken. Also brauchten wir einen Plan B, um den Übeltäter aus der Fußsohle zu holen, bevor er sich entzündete.
Plan B sah dann so aus: Bewaffnet mit Messer, kleiner Dose und natürlich Lieblingshund ging es ab für mich in den Wald, um Pech zu suchen. Jetzt aber nicht das Unglück, sondern das Harz von Bäumen, das sie produzieren, wenn sie irgendwo verletzt sind. Das Harz – auch Pech genannt – dient den Bäumen als natürliches Pflaster, dass ihre Wunden verschließt und vor schädlichen Eindringlingen beschützt.

Diese zähflüssige Masse ist zwar unheimlich klebrig, und kaum mehr von den Fingern zu bekommen, aber auch für uns Menschen Gold wert. Das Harz wirkt nicht nur zusammenziehend, sondern allem voran auch keimtötend und entzündungshemmend. Es wird daher seit jeher gerne bei kleineren und größeren Wunden eingesetzt, bei Schmerzen des Bewegungsapparates, bei Erkältungen, Husten und Halsweh.
Uuuund: Das Pech wirkt ganz wunderbar als Zugsalbe. Das war auch der einzige Kompromiss auf den sich unser kleiner Mann einließ: Ganz vorsichtig daraufschmieren durften wir etwas auf seine „splittrige“ Fußsohle. Aber das war’s dann auch schon mit den Behandlungsversuchen, so der Chef.
An dieser Stelle sei aber nochmals erwähnt, dass Naturheilmittel NIE einen Arzt ersetzen und nur auf eigene Verantwortung angewendet werden sollten!
In unseren Breiten wird für die Zubereitung einer Pechsalbe meist Fichten- oder Lärchenharz verwendet. Achtet bei der Ernte nur bitte darauf, dass ihr immer nur einen kleinen Teil von einem Baum nehmt und seine Wunden schön damit verschlossen bleiben. Immerhin nehmt ihr etwas von ihm und nicht umgekehrt.
Wenn ihr dann etwa 40 g Harz gesammelt habt, heißt es ran an den Herd. Nehmt für den ersten Arbeitsschritt bitte ein altes Geschirr oder ein Gurkenglas, das ihr nicht mehr braucht. Ihr bekommt das Geschirr danach nämlich nicht mehr sauber. Dafür aber duftet euer ganzes Haus ganz herrlich nach Wald und Natur pur!
Ihr könnt die Pechsalbe jetzt natürlich nach einem ganz einfachen Rezept zubereiten oder aber ihr gebt noch ein paar andere Wirkstoffe hinzu. Ich habe mich dafür entschieden, das klassische Rezept noch ein wenig zu pimpen. Hier die GspiaSinn-Version der Pechsalbe und was ihr dafür braucht:
50 ml hochwertiges Olivenöl
50 ml Ringelblumenöl
½ Handvoll getrocknete Spitzwegerichblätter
40 g Harz
20 g Bienenwachs
Erwärmt zuerst das Oliven- und Ringelblumenöl ganz langsam in einem alten Topf.
Achtet darauf, dass die Temperatur nicht zu heiß wird und gebt dann die getrockneten Spitzwegerichblätter dazu. (Wenn sie frittieren, war das Öl leider schon zu heiß ;) ).
Jetzt gebt auch das Harz zum Öl-Blätter-Gemisch und lasst das Ganze für zumindest eine Stunde (besser zwei) bei niedriger Temperatur ausziehen. Dabei mischen sich die lipophilen Bestandteile des Pechs ins Öl und das, das wir nicht brauchen – die Rinde und Verunreinigungen – lässt sich einfacher abschöpfen.
Seicht nun das ganze Gemisch durch ein Sieb ab. Am besten direkt in ein Becherglas.
Gebt jetzt das Bienenwachs hinzu und lasst es bei niedriger Temperatur vollständig schmelzen.
Wenn ihr eine klare Flüssigkeit habt, füllt ihr sie in saubere Tiegel um und lasst die Salbe auskühlen. Sie wird schon nach ein paar Minuten wunderschön goldgelb.
Tipp: Ich persönlich lagere die Salbe immer im Kühlschrank und nehme nur mit einem Spatel die gewünschte Menge heraus. So bleibt die Salbe möglichst lange haltbar.

Wenn die Salbe fertig abgekühlt ist, ist sie schon zum Einsatz bereit. Natürlich solltet ihr jetzt nichts provozieren, um ihre Wirksamkeit zu testen. Aber ich darf euch verraten: Der Speil war nach 2xigen Einschmieren wieder draußen. Und mein So(h)nnenschein war mächtig stolz darauf, uns zu zeigen, dass es auch ohne Nadel und Pinzette geht.

Viel Spaß beim Nachmachen und alles Liebe!